Bild des Asteroiden 2024 YR4, aufgenommen vom Very Large Telescope (VLT) der ESO im Januar 2025, beobachtet bei infraroten Wellenlängen. (Bildnachweis: ESO/O. Hainaut)
Der Asteroid 2024 YR4, der einst als potenziell gefährlich galt, wird uns voraussichtlich nicht so bald treffen. Ein Forscherteam betont nun, dass wir uns über die knappe Begegnung freuen können, da sie eine überraschende Gelegenheit bietet, den Asteroiden aus nächster Nähe zu untersuchen.
Der Asteroid 2024 YR4 wurde erstmals im Dezember 2024 entdeckt. Mit einer Größe von nur 130 bis 300 Fuß (40 bis 90 Meter) Durchmesser ist er relativ klein. Dennoch wird er als Apollo-Typ-Asteroid klassifiziert, was bedeutet, dass seine Umlaufbahn regelmäßig die der Erde kreuzt und somit das Potenzial für einen Einschlag besteht. Bei der ersten Beobachtung schätzten Astronomen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags bei etwa 1 % lag.
Mit verbesserten Beobachtungen stieg die Wahrscheinlichkeit einer Kollision zunächst auf einige Prozent an. Dies löste weltweit besorgte Schlagzeilen aus, da ein Einschlag dieser Größenordnung eine Energie freisetzen würde, die der von Atomsprengköpfen entspricht. Hätte er eine Großstadt getroffen, wären die Schäden unermesslich gewesen. Doch präzisere Berechnungen haben diese Wahrscheinlichkeit inzwischen auf nahezu Null reduziert. Wir können also alle aufatmen.
Wenn das Universum einem Asteroiden-Zitronen gibt, sollte man daraus wissenschaftliche Limonade machen, schlagen Forscher der Initiative for Interstellar Studies in Großbritannien und Space Initiatives Inc. in einem Papier vor, das im Februar in der Preprint-Datenbank arXiv hochgeladen wurde.
Sie wiesen darauf hin, dass 2024 YR4, obwohl er wahrscheinlich nicht auf der Erde einschlagen wird, regelmäßig in die Nähe unseres Planeten kommen wird. Dies macht ihn zu einem hervorragenden Ziel für zukünftige Asteroidenmissionen. Der Asteroid wird etwa alle vier Jahre nahe an der Erde vorbeiziehen, wenn seine Umlaufbahn die der Erde kreuzt. Das bedeutet, dass während dieser Zeitfenster die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen dem Asteroiden und unserem Planeten nicht sehr groß sind. In solchen Fällen kann eine Raumsonde, sobald sie das Schwerefeld der Erde verlassen hat, den Asteroiden quasi „kostenlos“ erreichen; sie benötigt nicht viel zusätzliche Geschwindigkeit.
Die Forscher schätzten, dass Vorbeiflugmissionen außergewöhnlich einfach sind, da sich Startfenster fast jedes Jahr öffnen. Im Jahr 2028 könnte eine Mission 2024 YR4 in nur wenigen Monaten erreichen und sehr langsam daran vorbeifliegen, was ausreichend Zeit für detaillierte Beobachtungen bieten würde.
Noch komplexere Missionen liegen durchaus im Rahmen unserer derzeitigen Technologien. Wollten wir beispielsweise die NASA-Mission DART wiederholen, bei der ein kleiner Asteroid erfolgreich abgelenkt wurde, könnten wir dies mit 2024 YR4 testen.
Die Forscher fanden heraus, dass eine Mission, die während eines optimalen Zeitfensters um den Sommer 2028 gestartet wird, bereits mit einem Raumschiff von nur 22 Pfund (10 Kilogramm) innerhalb weniger Monate den Asteroiden erreichen könnte. Ein gezielter Aufprall könnte die Flugbahn des Asteroiden um bis zu 620 Meilen (1.000 Kilometer) verändern. Sollte der Asteroid 2024 YR4 bei seiner nächsten Annäherung im Jahr 2032 auf Kollisionskurs mit der Erde sein, könnte dieser Eingriff ausreichen, um eine Katastrophe abzuwenden.
Selbst Rendezvous- und Landemissionen sind relativ einfach. Ein Start im Dezember 2028 könnte ein Raumschiff zum Asteroiden bringen, das noch genug Treibstoff hat, um sich mit ihm zu treffen und eine Landung zu versuchen, so das Forschungsteam. Die Zeit zwischen Start und Landung würde nur wenige Jahre betragen, sodass wir die neueste Technologie einsetzen könnten und wüssten, dass sie in kürzester Zeit auf der Oberfläche eines Asteroiden sitzen würde. Diese Mission könnte auch Proben sammeln und zur weiteren Untersuchung zur Erde zurückbringen.
Tatsächlich haben die Forscher festgestellt, dass wir bereits über die Technologie verfügen, um all dies zu erreichen. Eine Raumsonde wie New Horizons, die 2006 zu den äußeren Grenzen des Sonnensystems aufbrach, hat mehr als genug Fähigkeiten, um 2024 YR4 bei seiner nächsten Annäherung so detailliert wie gewünscht zu untersuchen.
Das nächste Mal, wenn wir von einem potenziell gefährlichen Asteroiden hören, sollten wir uns also eher wünschen, dass er nah genug kommt, um interessante wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Begegnung zu gewinnen.