Der Reiner Gamma-Mondwirbel in Oceanus Procellarum, aufgenommen vom Lunar Reconnaissance Orbiter (Bildnachweis: NASA/Goddard Space Flight Center/Arizona State University)
Das Rätsel um die seltsamen, hellen Muster auf dem Mond, die so genannten Mondwirbel, ist der Lösung einen Schritt näher gekommen. Dies ist der Entdeckung zu verdanken, dass die Zusammensetzung der Monderde, des Regoliths, eine wichtige Rolle bei der Entstehung der abwechselnd hellen und dunklen Muster der Wirbel spielt.
Der berühmteste der Mondwirbel ist Reiner Gamma, der in Oceanus Procellarum sogar für Amateurastronomen durch ein Hinterhofteleskop sichtbar ist. Diese Erscheinungen werden mit magnetischen Anomalien unter der Mondoberfläche in Verbindung gebracht, aber der genaue Prozess, der sie erzeugt, ist seit Jahrzehnten ein Rätsel.
„Die wissenschaftliche Gemeinschaft untersucht seit langem die Unterschiede zwischen den hellen und dunklen Regionen in diesen charakteristischen Albedomarkierungen“, sagte Debrah Domingue, Wissenschaftlerin am Planetary Science Institute in Arizona und Autorin einer Studie über die neuen Erkenntnisse, in einer Erklärung.
Ein Durchbruch gelang 2023, als Forscher des Planetary Science Institute (PSI) anhand von Beobachtungen des Lunar Reconnaissance Orbiter der NASA feststellten, dass die hellen Teile der Wirbel im Durchschnitt einige Meter tiefer liegen als die dunklen Bereiche, die nicht zu den Wirbeln gehören. Neue Forschungsergebnisse von PSI-Wissenschaftlern unter der Leitung von Domingue deuten nun darauf hin, dass auch die Zusammensetzung des Mondregoliths eine große Rolle bei der Entstehung der Wirbel spielt.
Domingues Team untersuchte drei mögliche Ursachen für die hellen Markierungen: Unterschiede in der Zusammensetzung des Regoliths, die Größe der Körner im Regolith und die Dichte des Regoliths. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass die Zusammensetzung, insbesondere das Vorhandensein von Plagioklas (einem aluminiumhaltigen Mineral) und Eisenoxid (einer Eisenverbindung), der Schlüsselfaktor ist – aber nicht unbedingt der einzige Faktor.
„Unterschiede in der Korngröße könnten ebenfalls zu den Helligkeitsschwankungen beitragen, aber wir sehen keine Unterschiede in der Verdichtung innerhalb unseres Untersuchungsgebiets“, so Domingue. „Wir stellen auch Unterschiede in den Korntypen und Strukturen zwischen hellen und dunklen Böden fest. Das deutet darauf hin, dass mehr als ein Prozess am Werk ist, um diese Merkmale zu bilden.“
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Zurzeit gibt es drei führende Erklärungen für die Wirbel, die auch ihren Zusammenhang mit der Oberflächenerhebung und -zusammensetzung erklären könnten. Eine davon ist, dass ein Magnetfeld, vielleicht das Ergebnis eines dichten Eisenasteroiden, der vor langer Zeit in einer bestimmten Region des Mondes einschlug, die Oberfläche vor der Verwitterung durch kosmische Strahlung und den Sonnenwind schützt. Das Muster der Wirbel könnte die Linien dieses Magnetfelds widerspiegeln.
Eine andere, damit zusammenhängende Erklärung ist, dass das Magnetfeld elektrisch geladenen Staub antreibt und ihn nach Zusammensetzung und Korngröße sortiert. Die dritte Möglichkeit ist jedoch ein wenig anders. Sie besagt, dass die Wirbel das Ergebnis eines alten Kometeneinschlags sind. In diesem Fall würden die Turbulenzen in der Koma des Kometen (die Eis- und Staubwolke, die den Kometenkopf umgibt) die Mondoberfläche kurz vor dem Einschlag aufspülen und frisches Mondmaterial freilegen, während die Oberfläche durch die Gewalt des Einschlags selbst magnetisiert wird.
Eine vierte Möglichkeit wurde ebenfalls Anfang Juli ins Spiel gebracht: Forscher vermuteten, dass die Wirbel von magnetisierter Lava unter der Mondoberfläche stammen.
Doch die neuen Ergebnisse schließen keine dieser Erklärungen aus, sondern scheinen vielmehr mehrere Modelle zu unterstützen.
„Es gibt eine Reihe von Prozessen, die das Vorhandensein dieser Merkmale auf dem Mond erklären sollen, aber die Beweise sind widersprüchlich“, sagte Domingue. „Die Interpretation dieser neuen Beweise im Zusammenhang mit früheren Arbeiten deutet darauf hin, dass diese Merkmale das Ergebnis einer komplexen Interaktion mehrerer Prozesse sind und dass Laborstudien erforderlich sind, um die relative Rolle dieser Prozesse bei der Bildung von Mondwirbeln zu entschlüsseln.“
Die Ergebnisse von Domingues Team wurden am 18. Juli in der Zeitschrift The Planetary Science Journal veröffentlicht.