Eine Illustration zeigt, wie Magnetfelder in Cyan Elektronen einfangen, die durch Blitze freigesetzt werden können.(Bildnachweis: UCLA EPSS/NASA SVS)
Blitzeinschläge auf der Erde könnten ultraheiße „Killerelektronen“ um unseren Planeten herum niederregnen lassen, so eine neue Forschungsarbeit von Wissenschaftlern der University of Colorado Boulder. Aufgrund dieses Ergebnisses schlägt das Team vor, dass sich Weltraumwetter und Erde zu einem „kosmischen Flipperspiel“ vereinen können.
Die Entdeckung wurde fast zufällig gemacht, als das Team Satellitendaten untersuchte, die zeigten, dass hochenergetische und schnelle „heiße“ Elektronen aus dem inneren Strahlungsgürtel herausgelöst werden könnten – einer Region geladener Teilchen, die unseren Planeten umgibt und von der schützenden Magnetosphäre der Erde an Ort und Stelle gehalten wird.
Diese Forschungsergebnisse könnten Wissenschaftlern dabei helfen, Satelliten und andere Instrumente in der Umlaufbahn vor Schäden zu bewahren und Astronauten bei künftigen Weltraummissionen vor potenziell tödlicher Strahlung zu schützen. Sie legt auch nahe, dass das Weltraumwetter und das Wetter auf der Erde enger miteinander verwoben sind als bisher angenommen.
„Diese Partikel sind die beängstigenden oder, wie manche Leute sie nennen, ‚Killer-Elektronen‘. Sie können das Metall von Satelliten durchdringen, Leiterplatten treffen und krebserregend sein, wenn sie einen Menschen im Weltraum treffen“, sagte der Leiter des Teams und Forscher der University of Colorado Boulder, Max Feinland, in einer Erklärung.
Inhaltsübersicht
Killer-Elektronen laden!
Um die Erde herum befinden sich zwei Gürtel aus gefangenen hochenergetischen Teilchen, die von der Magnetosphäre gehalten werden. Diese sind als Van-Allen-Strahlungsgürtel bekannt.
Killer-Elektronen rasen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit durch diese Gürtel und führen eine große Menge an Energie mit sich. Diese Partikel können nicht nur die Satellitenabschirmung durchdringen, sondern auch mikroskopisch kleine Blitze verursachen, die lebenswichtige und empfindliche Komponenten von Raumfahrzeugen beschädigen oder sogar zerstören können.
Die innere Region der Gürtel beginnt in einer Höhe von etwa 966 Kilometern über der Erde, während die äußere Schicht in einer Höhe von etwa 19.312 Kilometern über der Oberfläche unseres Planeten beginnt.
Die Van-Allen-Gürtel dienen als lose Barriere zwischen der Erdatmosphäre und der Weltraumumgebung. Sie sind auch dynamisch, können sich bewegen und verändern. Wissenschaftler wissen schon seit einiger Zeit, dass geladene Teilchen aus dem äußeren Strahlungsgürtel auf die Erde fallen können. Dies ist der erste Hinweis darauf, dass hochenergetische geladene Teilchen auch aus dem inneren Strahlungsgürtel „regnen“ können, der bisher als stabiler galt. Es ist auch der erste Hinweis darauf, dass dieser „Elektronenregen“ durch Blitze ausgelöst werden kann.
„Das Weltraumwetter wird wirklich sowohl von oben als auch von unten angetrieben“, sagte Teammitglied Lauren Blum vom Laboratory for Atmospheric and Space Physics (LASP) an der CU Boulder in der Erklärung. „Normalerweise gilt der innere Gürtel als eher langweilig. Er ist stabil. It’s always there.“
Kosmischer Flipper
Bei weiteren Untersuchungen ermittelte das Duo 45 Ausbrüche hochenergetischer Elektronen in den inneren Strahlungsgürteln, die in den zehn Jahren zwischen 1996 und 2006 auftraten. Feinland verglich diese Daten dann mit Aufzeichnungen von Blitzeinschlägen über Nordamerika. Dabei zeigte sich eine Korrelation zwischen Blitzeinschlägen und Elektronenspitzen, die etwa eine Sekunde nach dem Einschlag des Blitzes in den Boden auftraten.
Das Team geht davon aus, dass bei einem Blitzeinschlag ein wildes Flipperspiel beginnt, das die gesamte Erde erfasst. Die ausgelösten Radiowellen steigen in den Weltraum auf und treffen auf Elektronen im inneren Strahlungsgürtel.
Dies wirkt wie eine „Add-Ball“-Funktion in diesem bildlichen Flipperspiel und lässt Elektronen fallen, die dann chaotisch zwischen der nördlichen und südlichen Hemisphäre der Erde hin- und herspringen. Diese Phase des Prozesses dauert nur 0,2 Sekunden. Einige der Elektronen, die wild zwischen der nördlichen und der südlichen Hemisphäre unseres Planeten hin- und herpendeln, fallen dann in unsere Atmosphäre.
„Man hat einen großen Klecks Elektronen, der abprallt und dann zurückkehrt und wieder abprallt“, so Blum. „Man sieht dieses anfängliche Signal, das dann wieder abklingt.“
Blum, Feinland und Kollegen wissen derzeit nicht, wie oft diese „Killerelektronenregen“ auftreten. Eine Theorie besagt, dass sie am häufigsten in Zeiten auftreten, in denen die Sonne besonders aktiv ist und mehr hochenergetische Elektronen auf die Erde schießt, die dann von der Magnetosphäre aufgefangen werden und die Van-Allen-Gürtel wieder auffüllen.
Die Forschungsergebnisse des Teams wurden am 8. Oktober in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlicht.