NASA-Satelliten fangen das musizierende Magnetfeld der Erde ein


Eine Visualisierung des Erdmagnetfeldes (Bildnachweis: NASA’s Goddard Space Flight Center)

Das Magnetfeld der Erde bricht gelegentlich in ein Lied aus – aber diese Kompositionen werden mit elektromagnetischer Strahlung geschrieben, nicht mit Schallwellen.

Wenn sie in Audiosignale umgewandelt werden, klingen diese seltsamen Ausbrüche wie ein ansteigender Chor von zwitschernden Stimmen, ähnlich dem morgendlichen Vogelgezwitscher, weshalb Physiker diese kurzen, intensiven Ausbrüche von Strahlung „Choruswellen“ nennen. Jeder Strahlungsausbruch dauert nur wenige Zehntelsekunden, aber die Signale können sich stundenlang wiederholen. Und so schön sie auch klingen, Choruswellen können für Satelliten in der Umlaufbahn extrem gefährlich sein.

Ein Forscherteam unter der Leitung des Physikers C.M. Liu von der Beihang-Universität in China hat kürzlich eine Chorus-Welle gemessen, die von einem unerwarteten Ort ausgeht, und damit einen wichtigen Teil einer Theorie über die Entstehung dieser seltsamen Wellen bestätigt.

Der Musik der Magnetosphäre lauschen

Die vier Satelliten der NASA-Mission Magnetospheric Multiscale haben vor kurzem einen Ausbruch von Chorus-Wellen gemessen, die von einem 165.000 km (102.526 Meilen) entfernten Punkt ausgingen, weit draußen im langen „Schweif“ des Erdmagnetfelds. (Das Magnetfeld unseres Planeten sollte eigentlich wie das Feld um einen Stabmagneten aussehen, aber die elektrisch geladenen Teilchen im Sonnenwind drücken gegen das Magnetfeld, so dass die von der Sonne abgewandte Seite zu einem langen Schweif gestreckt wird).

Alle anderen Chorus-Wellen, die Astronomen gehört haben, begannen näher an der Erde, in einer Entfernung von etwa 51.000 Kilometern. Das ist höher als die Umlaufbahn, in der sich geostationäre Satelliten befinden, aber immer noch nahe genug am Planeten, dass das Magnetfeld sauber und geordnet ist, eher wie ein Stabmagnet. Weiter draußen im Schweif sind die Linien des Erdmagnetfelds gestreckt und verformt, so dass ein viel größeres Durcheinander entsteht. Physiker dachten nicht, dass sich in dem gestreckten Durcheinander der Magnetfeldlinien im Schweif Choruswellen bilden könnten – aber offensichtlich ist es doch möglich.

„Die Entdeckung schließt die bestehende Theorie nicht aus, da die erwarteten Magnetfeldgradienten immer noch vorhanden sein könnten, aber sie bedeutet, dass die Wissenschaftler genauer hinschauen müssen“, schrieb der Physiker Richard Horne von der Universität Cambridge, der nicht an der jüngsten Studie beteiligt war, in einem Kommentar.

Schutz von Satelliten vor ‚Killerelektronen‘

Die Entdeckung stützt sogar einen wichtigen Teil der Theorie über die Funktionsweise von Choruswellen. Mithilfe von Daten der Magnetospheric Multiscalar-Satelliten haben Liu und Kollegen die Verteilung der Elektronen in der Chorus-Welle gemessen und dabei etwas gesehen, was die Modelle der Physiker seit Jahrzehnten vorausgesagt haben: ein Loch.

Astronomen rätseln seit etwa 70 Jahren über die genaue Mechanik hinter den Choruswellen. Gelegentlich gerät eine Gruppe von Elektronen durch das Magnetfeld der Erde ins Trudeln und setzt dabei Energie in Form von Strahlung frei. Diese Strahlung interagiert mit anderen Elektronen (die sich dank der Quantenphysik ebenfalls ein wenig wie Wellen verhalten) und wird zu größeren Wellen verstärkt. Da sich diese Strahlungswellen entlang eines Magnetfelds bilden, dessen Stärke und Ladung einen Gradienten im Raum bilden, enden die Wellen in kurzen Ausbrüchen, von denen jeder eine höhere Frequenz hat als der letzte: wie ein anschwellender Chorus.

Während sich die Chorus-Welle bildet, treibt ihre Bewegung die Elektronen an bestimmte Stellen entlang der Wellenform. Aber wenn es an einigen Stellen Klumpen gibt, sollte es auch an anderen Stellen Lücken geben, und Liu und Kollegen haben gerade eine solche Lücke in ihrer Choruswelle gemessen. Das könnte darauf hindeuten, dass das gesamte Modell der Entstehung von Choruswellen größtenteils korrekt ist – bis auf die Frage, wo sie sich bilden können.

Wenn Liu und seine Kollegen Recht haben, könnten sich Choruswellen fast überall im Weltraum bilden, und nicht nur dort, wo das Magnetfeld sauber und unverzerrt durch den Sonnenwind ist. Das bedeutet, dass wir nach Chorus-Wellen weit draußen im Schwanz des Erdmagnetfeldes suchen sollten, nicht nur in der Nähe unserer Heimat. Und theoretisch sollte es Choruswellen im Magnetfeld jedes Planeten geben, der eines hat, selbst wenn es ein wenig unordentlich ist (bisher wurden sie bereits um Jupiter und Saturn beobachtet).

Und ein besseres Verständnis dieser Wellen könnte den Wissenschaftlern helfen, besser vorherzusagen, wann und wo sie auftreten und wie stark sie sein werden. Dies könnte für die Sicherheit von Satelliten, die unseren Planeten umkreisen, von entscheidender Bedeutung sein, denn sie sind anfällig für Sonnenstürme und andere plötzliche Strahlungsausbrüche aus den Tiefen des Weltraums.

„Diese hochenergetischen Elektronen sind als ‚Killer-Elektronen‘ bekannt, weil sie mehrere Satelliten beschädigt haben, was Hunderte von Millionen Dollar gekostet hat“, schreibt Horne. „Choruswellen werden jetzt in Vorhersagemodelle einbezogen, die diese Satelliten schützen sollen.“

Kiona N. Smith

Kiona Smith ist eine Wissenschaftsautorin mit Sitz im Mittleren Westen, wo sie über den Weltraum und Archäologie schreibt. Sie hat für Inverse, Ars Technica und Forbes geschrieben und ist Autorin des Buches Peeing and Pooping in Space: A 100% Factual Illustrated History. Sie besuchten die Texas A&M University und haben einen Abschluss in Anthropologie.

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