Wie „Quantenschaum“ das frühe Universum aufgeblasen haben könnte


Illustration der Expansion des Universums. (Bildnachweis: Mark Garlick/Science Photo Library/Getty Images)

Das frühe Universum erlebte eine Phase schneller Expansion, die als Inflation bezeichnet wird. Jahrzehntelang gingen Kosmologen davon aus, dass diese Expansion durch eine neue Einheit im Universum, das so genannte Inflaton, angetrieben wurde. Neue Forschungsergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass es möglich war, das Universum aufzublähen, ohne dass irgendetwas Neues diese Expansion angetrieben hat.

In den 1970er Jahren entwarf der Physiker Alan Guth ein radikales Bild des extrem frühen Universums. Ursprünglich wollte er einige problematische Eigenschaften der Hochenergiephysik im jungen, dichten, heißen Universum lösen und entwarf ein Modell, in dem ein neues Quantenfeld, das so genannte Inflaton, eine kurze, aber intensive Periode erstaunlich beschleunigter Expansion antreibt und das Universum in weniger als einer Sekunde um viele Größenordnungen aufbläht.

Die Inflation hat sich als starke Hypothese für das frühe Universum gehalten, weil sie viele Probleme auf einmal löst. Zum einen erklärt sie, warum der Kosmos geometrisch flach erscheint: Er ist so groß, dass trotz seiner Gesamtkrümmung jeder Fleck des Universums flach erscheint. Es erklärt auch, warum Regionen des Universums, die durch große Entfernungen getrennt sind, ungefähr gleich sind: Sie lernten sich kennen, bevor die Inflation sie auseinander riss.

Vor allem aber erklärt die Inflation, wie wir unsere großräumigen Strukturen erhalten haben. Der Akt der Inflation nahm den Quantenschaum der Raumzeit und dehnte ihn auf größere Maßstäbe aus, indem er die Gravitationskeime legte, die eines Tages zu Sternen, Galaxien und dem kosmischen Netz heranwachsen würden.

Aber es bleiben Rätsel. Wir kennen die Identität des Inflatons nicht, wissen nicht, was es angetrieben hat und warum es sich zum richtigen Zeitpunkt abgeschaltet hat. Und wir haben keinen schlüssigen Beweis dafür, dass die Inflation tatsächlich stattgefunden hat.

Angesichts dieser Herausforderungen gibt es vielleicht einen Weg, die beobachteten Merkmale des Universums zu reproduzieren, ohne ein Inflaton zu benötigen. In einer kürzlich erschienenen Arbeit beschreiben Astrophysiker ein Modell, in dem die Inflation stattfindet und zur großräumigen Struktur des Universums führt, ohne dass irgendetwas Neues sie antreibt.

Das Modell beginnt mit einer Beschreibung des Raums, der sich aufgrund einer kosmologischen Konstante ausdehnt, ähnlich wie die dunkle Energie, die wir im heutigen Kosmos beobachten. Vor diesem Hintergrund tut der Quantenschaum sein übliches, nämlich die Raumzeit auf submikroskopischen Skalen zu erschüttern.

Diese Fluktuationen erzeugen Gravitationswellen, also Wellen, die sich im Raum ausbreiten. Gravitationswellen allein können nicht den Keim für neuzeitliche Strukturen bilden, weil sie die falsche Art von Einfluss auf die Raumzeit haben.

Die Forscher fanden jedoch heraus, dass die vom Quantenschaum ausgelösten Gravitationswellen unter den richtigen Bedingungen manchmal genau die richtige Art von Verformungen im Raum erzeugen können. Konkret suchten sie nach Verformungen, die auf vielen verschiedenen Längenskalen ungefähr gleich waren. Wir wissen, dass die Keime der Struktur diese Art von Muster haben mussten, denn genau das beobachten wir im kosmischen Mikrowellenhintergrund, dem Restlichtmuster aus der Zeit, als das Universum nur 380.000 Jahre alt war. Dieses Nachleuchten hinterlässt einen Abdruck dieser frühen Strukturen, und wir können dies nutzen, um Modelle der Inflation zu untersuchen.

Es gibt leichte Unterschiede zwischen den Strukturen, die in diesem Szenario der Inflation ohne Inflation und der traditionellen Inflation entstehen. In dieser Arbeit haben die Forscher nicht berechnet, wie stark diese Unterschiede sind, aber ein wichtiger nächster Schritt ist es, die Folgen dieses Modells für die Beobachtung zu untersuchen.

Das Modell ist nicht perfekt. Es setzt immer noch etwas über das frühe Universum voraus – nämlich, dass die kosmologische Konstante stark genug ist, um zu einem schnell expandierenden Kosmos zu führen. Und es erklärt auch nicht das Problem der Flachheit oder warum entfernte Bereiche des Universums ungefähr gleich groß sind. Aber es ist eine faszinierende Forschungsrichtung, weil sie einige potenziell nützliche alternative Fenster öffnen kann, die nicht auf ein Inflaton angewiesen sind, um die Veränderungen im frühen Universum zu erklären.

Der junge Kosmos bleibt ein großes Rätsel der modernen Kosmologie. Und obwohl wir glauben, dass wir auf dem richtigen Weg sind – es scheint wirklich so, dass das Universum eine Periode schneller Expansion durchgemacht hat – müssen wir noch viel lernen.

Paul Sutter

Paul M. Sutter ist Astrophysiker an der SUNY Stony Brook und dem Flatiron Institute in New York City. Paul promovierte 2011 in Physik an der University of Illinois in Urbana-Champaign und verbrachte drei Jahre am Pariser Institut für Astrophysik, gefolgt von einem Forschungsstipendium in Triest, Italien. Seine Forschung konzentriert sich auf viele verschiedene Themen, von den leersten Regionen des Universums über die frühesten Momente des Urknalls bis hin zur Suche nach den ersten Sternen. Als "Agent zu den Sternen" engagiert sich Paul seit mehreren Jahren leidenschaftlich für die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Wissenschaft. Er ist Gastgeber des beliebten \"Ask a Spaceman!\"-Podcasts, Autor von \"Your Place in the Universe\" und \"How to Die in Space\" und tritt häufig im Fernsehen auf - unter anderem im Weather Channel, für den er als offizieller Weltraumspezialist arbeitet.

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