Euclid-Raumsonde als „Detektiv des dunklen Universums“ entdeckt 2.674 neue Zwerggalaxien

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Ein sternenklarer Himmel mit einer Einblendung, die bestimmte Galaxien zeigt.


Eine Vielzahl von Galaxien, die von Euclid beobachtet wurden; (Ausschnitt) einige der Zwerggalaxien in Euclid-Daten. (Bildnachweis: ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA/Francine Marleau et al., 2025)

Die jüngste umfassende Analyse der Daten des Euclid-Weltraumteleskops zeigt eindrucksvoll, welch großen Einfluss dieses ESA-Raumschiff auf die Wissenschaft haben wird. Besonders bemerkenswert: Manchmal steckt in der Forschung die größte Bedeutung im kleinsten Paket.

Das Weltraumteleskop – wegen seiner Mission zur Erforschung von Dunkler Materie und Dunkler Energie auch „Detektiv des dunklen Universums“ genannt – erstellt die bisher umfangreichste 3D-Karte des Kosmos.

Forscher der Universität Innsbruck haben nun in 25 Aufnahmen des Euclid-Teleskops zwischen Milliarden von Sternen, Galaxien und Quasaren gesucht – mit spektakulärem Ergebnis: Sie entdeckten und analysierten 2.674 Zwerggalaxien.

„Wir nutzten die beispiellose Tiefe, räumliche Auflösung und das Sichtfeld der Euclid-Daten“, erklärte Teamleiterin Francine Marleau von der Universität Innsbruck. „Diese Studie zeigt eindrucksvoll, wie präzise Euclid Zwerggalaxien aufspüren und charakterisieren kann. So erhalten wir ein umfassendes Bild der Galaxienentstehung und -entwicklung über verschiedene Massenskalen, Entfernungen und Umgebungen hinweg.“

Zwerggalaxien sind kleine Galaxien, die nur einige Milliarden Sterne enthalten – im Gegensatz zu ihren größeren Verwandten mit hunderten Milliarden Sternen. Häufig umkreisen diese Zwerggalaxien größere Galaxiensysteme. Auch unsere Milchstraße wird von zahlreichen solcher Satellitengalaxien begleitet. Die bekanntesten davon sind die Große und die Kleine Magellansche Wolke.

Man geht davon aus, dass Zwerggalaxien in frühen Entwicklungsphasen großer Galaxien entstehen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass sie durch Kollisionen größerer Galaxien gebildet werden – dabei werden Sterne, Gas, Staub und dunkle Materie ins All geschleudert.

Zwerggalaxien zeigen eine faszinierende Vielfalt an Formen. Einerseits gibt es sphäroidale, spiralförmige und elliptische Zwerggalaxien, andererseits existieren unregelmäßige Varianten. Diese chaotischen Galaxien besitzen keine klar definierte Struktur und enthalten nur geringe Mengen an Elementen, die schwerer sind als Wasserstoff und Helium – ähnlich wie Galaxien im frühen Universum. Gerade deshalb eignen sich unregelmäßige Zwerggalaxien besonders gut, um die Entstehungsphase des Kosmos zu erforschen.

Die Erforschung und Charakterisierung von Zwerggalaxien ist entscheidend, um die Entwicklung von Galaxien zu verstehen. Doch das ist schwieriger als es klingt. Aufgrund ihrer geringen Sternendichte sind diese Galaxien extrem lichtschwach und schwer zu beobachten.

Genau deshalb ist diese enorme Ausbeute an Zwerggalaxien durch Euclid so bahnbrechend.

Die Einblendung aus der Kopfzeige zeigt einige der von Euclid entdeckten Zwerggalaxien.


Eine Vielzahl von Galaxien, die von Euclid beobachtet wurden; (Einschub) einige der Zwerggalaxien in Euclid-Daten sichtbar. (Bildnachweis: ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA/Francine Marleau et al, 2025)

Tatsächlich gelang Marleau und seinem Team mehr als nur die Identifizierung möglicher Zwerggalaxien. Sie konnten zahlreiche dieser kleinen Sternansammlungen näher charakterisieren – sowohl deren Entfernung bestimmen als auch ihre stellare Masse berechnen und die Umgebung analysieren, in der sie sich befinden.

Das Team ermittelte, dass von den identifizierten Galaxien 58% elliptische Zwerggalaxien und 42% irreguläre Zwerggalaxien sind. Besonders interessant: Nur 1% der von Euclid untersuchten Zwerggalaxien weist eine hohe Anzahl an Kugelsternhaufen auf. Diese dicht gepackten, nahezu kugelförmigen Sternansammlungen enthalten meist die ältesten Sterne einer Galaxie.

Etwa 4% der untersuchten Zwerggalaxien wiesen einen galaktischen Kern auf – eine dichte Zentralregion, in der Sterne ein kompaktes, massereiches Objekt (meist ein Schwarzes Loch) umkreisen.

Fast 7% der Zwerggalaxien waren sogenannte Blue Compact Dwarfs – kleine, unregelmäßig geformte Galaxien mit besonders hoher Sternentstehungsrate. Durch diese intensive Sternbildung entsteht ein kompaktes, bläulich leuchtendes Zentrum. Die charakteristische Färbung rührt von jungen, heißen Riesensternen her.

Marleau und sein Team werden Euclid weiter nutzen, um weitere Zwerggalaxien zu entdecken und zu katalogisieren. Das Weltraumteleskop war im Juli 2023 gestartet worden.

Die vorläufige Version der Forschungsarbeit des Teams ist auf dem Preprint-Server arXiv verfügbar.


Robert Lea

Robert Lea ist ein britischer Wissenschaftsjournalist, dessen Artikel in Physics World, New Scientist, Astronomy Magazine, All About Space, Newsweek und ZME Science veröffentlicht wurden. Er schreibt auch über Wissenschaftskommunikation für Elsevier und das European Journal of Physics. Rob hat einen Bachelor of Science in Physik und Astronomie von der Open University in Großbritannien. Folgen Sie ihm auf Twitter @sciencef1rst.

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